FAQ: Impfeinwände und Antworten - mit dem Iserlohner Arzt Dr. Rami Watfeh
Veröffentlicht: Mittwoch, 22.12.2021 10:01
Auch bei uns im Märkischen Kreis sind viele Menschen noch nicht gegen das Coronavirus geimpft - obwohl es genug Möglichkeiten und Impfstoff gibt. Die Gründe dafür sind ganz individuell und natürlich muss jeder selbst entscheiden, ob er sich impfen lassen möchte. Oft genug spielen allerdings Angst und falsche Informationen einen große Rolle. Wichtig ist aber doch, dass wir unsere Entscheidung für oder gegen die Impfung frei von Angst, Wut, Zweifeln und Fehlinformationen treffen. Dafür wäre es doch ideal, wenn wir da einfach mal einem Arzt - also einem studierten medizinischen Experten - Löcher in den Bauch fragen könnten, oder? Haben wir uns auch gedacht und deshalb einfach mal für euch gemacht. Wir haben mit dem Iserlohner Arzt Dr. Rami Watfeh gesprochen und ihm die häufigsten Fragen rund um Corona und die Corona-Impfungen gestellt.

Frage 1: Können die mRNA-Impfungen Einfluss auf die DNA haben?
Dr. Rami Watfeh:
Viele Menschen haben ganz offensichtlich eine gewisse Angst vor den Coronaimpfungen. Ich kann die Angst auch tatsächlich verstehen, weil die mRNA Impfstoffe neu sind. Die aktuell vorhandenen Impfstoffe von Biontech und Moderna benutzen ein komplett neues Verfahren [Anmerkung der Redaktion: Technisch ist das mRNA Verfahren nicht neu, siehe Frage 7]. Verimpft werden nicht abgeschwächte oder tote Erreger, sondern eigentlich nur ein Bauplan. Ein kleines Stück Erbmaterial, das in unsere Zellen wandert und dann veranlasst selbst ein Stück Virus wieder nachzubauen. Aber: Um wirklich in unser Erbmaterial reinzukommen, müsste es [diese Information] noch in den Zellkern kommen und vorher noch umgeschrieben werden in eine DNA - unser Körper kann aber aus einer mRNA keine DNA machen. Deshalb ist es ausgeschlossen, dass die mRNA Impfstoffe sich in unser Genom integrieren [Anmerkung der Redaktion: Das heißt, dass mRNA Impfstoffe die DNA nicht verändern können].
Frage 2: Was ist der Unterschied zwischen den jetzt vorhandenen und den Totimpfstoffen?
Dr. Rami Watfeh:
Viele warten auf den Totimpfstoff, weil sie dieses Verfahren einfach schon lange kennen. Bei dem Totimpfstoff ist es so, dass den Zellen Teile des Virus Präsentiert werden. Dagegen können die Zellen dann eine Immunantwort bilden.
Weitere Hinweise:
Die EMA (Europäische Arzneimittel-Agentur) hat inzwischen die Zulassung eines Totimpfstoffs names "Novavax" empfohlen. Novavax soll schon im nächsten Jahr auf den Markt kommen. Experten (wie beispielsweise Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach) warnen allerdings davor, diesen Totimpfstoff als absoluten "Gamechanger" zu sehen. Wie gut Novavax gegen die ansteckendere Omikron-Variante wirkt, ist noch unklar. Mehr Infos zum neuen Totimpfstoff findet ihr HIER.
Frage 3: Was ist unter Long-Covid zu verstehen und wie häufig kommt Long-Covid vor?
Dr. Rami Watfeh:
Long-Covid ist keine Erkrankung, die zu unterschätzen ist. In unserer eigenen Praxis behandeln wir viele Patienten mit Long-Covid Symptomen. C.a. 20 - 40 % aller Infizierten weisen typische Long-Covid Symptome auf. Zu den am häufigsten beschriebenen Symptomen zählen sicherlich die Müdigkeit und das Erschöpfungssyndrom. Viele Patienten beschreiben eindrucksvoll, dass sie keine Kraft haben, am Tag Tätigkeiten durchzuführen und immer wieder müde sind. Einige Patienten haben Luftnot bei Belastung. Einige beschreiben auch depressive Beschwerden.
Frage 4: Wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit von Impffolgen?
Dr. Rami Watfeh:
Das Risiko von Corona-Impffolgen ist schwierig einzuschätzen. Ich selbst habe schon viele Coronaimpfungen durchgeführt. Bis jetzt habe ich nur typische Nebenwirkung nach Impfung, die maximal 2-3 Tage anhalten gesehen. Langwierige Coronaimpffolgen habe ich bis jetzt nicht gesehen.
Weitere Hinweise
Mehr Informationen zum Thema Impffolgen findet ihr HIER. Generell gilt: Der Nutzen der Impfstoffe ist viel größer, als das Risiko möglicher Impffolgen. Wichtig ist außerdem zu wissen, dass sogenannte Spätfolgen bzw. Langzeitfolgen (wie zum Beispiel der Fußballspieler Josua Kimmich sie befürchtet hat) bei Impfungen nicht existieren. Die Wissenschaft zeigt, dass Impfkomplikationen in den ersten Tagen nach einer Impfung auftreten und nicht Jahre später als vermeintliche "Langzeit"- oder "Spätfolgen". Außerdem müssen wir unbedingt zwischen Impfreaktionen und Impfkomplikationen unterscheiden. Impfreaktionen sind Zeichen der Auseinandersetzung unseres Körpers mit dem Impfstoff. So "können vorübergehende Reaktionen wie Rötung, Schwellung und Schmerzen an der Einstichstelle, erhöhte Temperatur, Fieber, Kopfschmerzen oder grippeähnliche Beschwerden auftreten"(Quelle). Diese Impfreaktionen verschwinden aber auch ganz schnell wieder und können bei jedem Impfstoff auftreten. Sie sind also kein "Problem" der Corona-Impfstoffe. Über all das werdet ihr aber auch beim Gespräch mit eurem Arzt vor der Impfung ganz in Ruhe aufgeklärt.
Frage 5: Ich habe Corona im milden Verlauf oder gar nicht gemerkt. Tritt Long-Covid trotzdem auf?
Dr. Rami Watfeh:
Wenn man sich mit Corona infiziert und nur milde Symptome hat oder gar keine Krankheitssymptome auftreten, ist es eher unwahrscheinlich, dass typische Long-Covid Symptome auftreten. Ausschließen kann man das aber trotzdem nicht.
Frage 6: "Ich lasse mich nicht impfen, weil es eh nicht wirkt!" - Wie sinnvoll ist das?
Dr. Rami Watfeh:
Jeder kann selbst entscheiden, ob er sich impfen lassen möchte oder nicht. Aber die Aussage, dass die Impfungen nicht helfen, ist sicherlich falsch. Selbst jüngere Menschen ohne Vorerkrankungen können ohne Impfung schwer erkranken.
Weitere Hinweise:
Auch wenn es Impfdurchbrüche gibt, wirken die Impfungen. Sie schützen uns vor schweren Verläufen und machen die Krankheit damit weniger gefährlich - für uns und unsere Mitmenschen. Außerdem entlasten wir als geimpfte Menschen das Gesundheitssystem. Der Hintergrund: Weil das Virus bei geimpften Menschen meist nur zu milden Erkältungssymptomen führt, müssen weniger Menschen auf der Intensivstation behandelt werden. Hier ist dann Platz für andere Menschen ist, die aufgrund von Unfällen oder anderen Erkrankungen eine intensivmedizinische Behandlung brauchen. Mehr Infos zur Wirksamkeit der Impfstoffe findet ihr HIER.
Frage 7: "Warum ging das mit dem Impfstoff so schnell? Es gibt kaum Studien!"
Dr. Rami Watfeh:
Das mRNA Verfahren [als solches] ist nicht neu und schon seit 30 Jahren bekannt. Es wurden schon mehrere Studien für die Krebstherapie bei Menschen durchgeführt. Das Verfahren ist somit schon lange in Gebrauch.
Frage 8: Warum erkranken im Moment so viele Menschen trotz Covid-Impfung?
Dr. Rami Watfeh:
Zu Beginn der Impfungen wussten wir ja noch gar nicht, wie lange der Schutz überhaupt bestehen bleiben würde. Dass wir uns trotzdem anstecken können, wurde ja erst im Verlauf bekannt. Die Menschen, die erkranken, haben eher milde Symptome. Im Vergleich zum letzten Jahr waren die Fälle ohne Impfung deutlich intensiver und stärker. Das haben wir ja am meisten in den Altersheimen beobachtet. Aktuell infizieren sich die Bewohner in Altersheimen, haben jedoch kaum oder gar keine Symptome und kommen somit auch kaum auf die Intensivstationen.
Weitere Hinweise
Die Antwort auf diese Frage ist eigentlich logisch, denn die Zahl der Impfungen und der Impfdurchbrüche hängt zusammen. Je mehr geimpfte Menschen es gibt, desto mehr Impfdurchbrüche kann es geben. Wichtig ist auch hier, dass die Impfdurchbrüche meist mit milden Symptomen einhergehen. Heißt: Auch hier wirkt die Impfung. Eine objektive Einordnung von Impfdurchbrüchen findet ihr hier.
Frage 9: Warum ist eine Impfung wichtig? Was und wen schütze ich?
Dr. Rami Watfeh:
Eine Impfung ist sicherlich wichtig, weil wir unsere Mitmenschen und uns selbst schützen.Wir können zwar nicht komplett verhindern, dass wir uns gegenseitig infizieren, jedoch [könne wir dafür sorgen] dass wir einen deutlich milderen Verlauf als ohne Impfung bekommen.
Hinweis: Es gibt noch mehr Gründe für die Impfung. HIER findet ihr zum Beispiel 10 weitere gute Argumente für den Pieks.
Immer noch unsicher?
Unser Ziel mit diesem FAQ ist es, Menschen die Angst vor Impfungen durch fundierte Informationen zu nehmen - uns ist aber natürlich auch klar, dass es noch mehr Befürchtungen und Einwände gegen die Corona-Impfungen gibt, als die hier genannten. Zum Beispiel, dass die Pharmaindustrie mit den Impfungen doch nur dick Kohle verdienen möchte - das haben wir bestimmt alle schon mal von Freunden und Familie gehört oder auch selbst gesagt, oder? Diese und 19 weitere Einwände hat sich das Robert Koch Institut vorgenommen und verständlich eingeordnet: Schaut da doch mal rein. Und hier hat die Bundesregierung kursierende Fehlinformationen zum Coronavirus und zur Schutzimpfung unter die Lupe genommen.