Bis zu 900 Arbeitsplätze im MK vor dem Aus

Die Kostal Automobil Elektrik schließt bis Ende 2024 alle Produktionsstandorte im Märkischen Kreis. Das hat das Unternehmen jetzt in einer offiziellen Pressemitteilung bestätigt. Die IG Metall schätzt, dass so bis zu 900 Menschen bei uns im MK ihren Job verlieren. Betroffen sind die Standorte Lüdenscheid, Meinerzhagen und Halver.

© Radio MK

Der geplante Arbeitsplatz-Abbau ist nach Angaben der IG Metall ein schwerer Schlag für die ohnehin gebeutelte Industrieregion. Laut Pressemitteilung der IG Metall werden die Gewerkschaft und der Betriebsrat - zusammen mit einer Rechtsanwaltskanzlei und einer Unternehmensberatung alles dafür tun, um die angekündigten Einschnitte zu verhindern.

Pressemitteilung IG Metall

Geplanter Stellenabbau bei Kostal Automobil Elektrik

Harte Nachricht für deutsche Zulieferindustrie – IG Metall will Arbeitsplätze retten

Am Mittwoch hat die Kostal-Gruppe in Lüdenscheid angekündigt, die Produktion im Bereich der „Automobil-Elektrik“ in Deutschland bis Ende 2024 einstellen zu wollen. Damit würde Kostal nur noch in den Bereichen „Kontakt Systeme“ und „Industrie-Elektrik“ in der Region Arbeitsplätze in der Produktion vorhalten, die traditionelle Produktion in der Automobilzulieferung würde nur noch im Ausland stattfinden. Verbunden mit dem Aufbau der „Kostal Business Services“ in Ungarn, einer zentralen Einheit für unternehmensinterne Dienstleistungen, will die Unternehmensgruppe mehr als ein Viertel der heimischen Arbeitsplätze abbauen. Hierzu erklärt Fabian Ferber, Zweiter Bevollmächtigter der IG Metall Märkischer Kreis und zuständiger Gewerkschaftssekretär für den deutschen sowie den europäischen Kostal-Betriebsrat: „Der geplante Arbeitsplatz-Abbau wäre ein schwerer Schlag für die ohnehin gebeutelte Industrieregion. Die Fertigung im Bereich der Automobil-Elektrik bei Kostal gehört zur DNA der heimischen Industrieregion. Über Generationen hinweg haben Menschen aller Herkunft und Bildungsgeschichte hier die Möglichkeit gefunden, ihr Leben über ihre Arbeit selbstbestimmt zu gestalten.

Der komplette Wegfall der Produktion in dem Sektor würde unwiderruflich sein. Betriebsrat und IG Metall werden deswegen gemeinsam mit den vom Betriebsrat beauftragten Partnern nach Vorlage aller hierfür notwendigen Unterlagen durch die Kostal-Gruppe alles dafür tun, dass dieser angekündigte Einschnitt verhindert werden kann. Schon vor einiger Zeit hat der Betriebsrat die Rechtsanwaltskanzlei silberberger.lorenz aus Düsseldorf sowie die Unternehmensberatung PCG aus Essen beauftragt, die Beschäftigtenvertretung in Zeiten des industriellen Wandels zu begleiten. Wir werden auf unsere Kolleginnen und Kollegen in den Betriebs- und Aufsichtsräten bei den Automobilherstellern zugehen. Der Wegfall der Produktion In der Zulieferbranche muss gestoppt werden. Es drohen ein Kompetenzverlust und in der Folge auch der Verlust weiterer Arbeitsplätze für die gesamte deutsche Autoindustrie sowie die schleichende De-Industrialisierung in Südwestfalen. Insbesondere in der Autoindustrie standen in den letzten zwei Jahren mehrfach wegen gebrochener Lieferketten die Bänder still. Durch die Stilllegung der Fertigung werden Lieferketten noch unsicherer. Die beabsichtigte Eröffnung des Kostal Business Centers in Ungarn und auch der übrige branchenweite Prozess der Aus- und Verlagerung von Jobs nach Osteuropa zeigt, dass nicht nur Kolleginnen und Kollegen in der Produktion betroffen sind.

Der Arbeitgeber hat den Betriebsrat erst spät über das Vorhaben informiert, konkrete Zeitschienen und Maßnahmenvorschläge liegen noch nicht auf dem Tisch. Hierbei ist unnötig Zeit verloren gegangen. Dennoch wollen wir jede Minute nutzen, um von einem anderen Konzept zu überzeugen, wie uns das schon in anderen Unternehmen der Region gelungen ist. Der Arbeitgeber muss nun die notwendigen Unterlagen zur Verfügung stellen, damit alle Maßnahmen diskutiert werden können, die Arbeitsplätze erhalten. Dazu gehören ganz sicher auch freie Plätze in den anderen Unternehmensbereichen, die Weiterbildung von Beschäftigten und tarifpolitische Möglichkeiten, die einen Aufbau einer emissionsarmen Fertigung unterstützen könnten.

Eine Platzierung möglicher neuer Aufträge an den heimischen Standorten sei aufgrund der Einkaufspolitik der Hersteller kaum möglich, heißt es. Wir werden dies in unseren Gesprächen mit Politik und Unternehmen aufgreifen. Die internationalen Konflikte wie der Angriffskrieg gegen die Ukraine, die Erfahrungen der Corona-Pandemie und die Knappheit von Ressourcen zeigen, wie fragil Lieferketten geworden sind. Gleichzeitig zeigt sich, dass die Expansion deutscher Unternehmen in Regionen, in denen Rechtsstaatlichkeit und demokratische Bewegungen verhindert beziehungsweise verboten werden, zu keinem Wandel geführt haben. Deswegen muss es auch in der Industrie zu einem Umdenken kommen.

Der vom geplanten Produktionsschluss unabhängige Schritt der Kostal-Gruppe, Dienstleistungen nach Ungarn zu verlagern, ist angesichts der Äußerungen der Orban-Administration gegen die ukrainische Führung und der bekannten fragwürdigen Praktiken gegen demokratische Bewegungen und Mitbestimmung, nicht nachzuvollziehen."

Pressemitteilug KOSTAL Automobil Elektrik

KOSTAL Automobil Elektrik plant umfangreiche Restrukturierung

  • Produktion in Deutschland soll Ende 2024 auslaufen
  • Stellenabbau an den Standorten Lüdenscheid, Meinerzhagen und Halver
  • KOSTAL-Gruppe bleibt unabhängiges Familienunternehmen
  • Entwicklungsabteilung und andere KOSTAL-Geschäftsbereiche sind von Werksschließungen nicht betroffen

Lüdenscheid, 22.06.2022 – Die Geschäftsführung der KOSTAL Automobil Elektrik sieht sich zu einer umfangreichen Restrukturierung gezwungen. Die Produktion an den deutschen Standorten in Lüdenscheid, Meinerzhagen und Halver soll demnach bis Ende 2024 auslaufen und an andere Standorte

verlagert werden. Nur so könne Schaden von der gesamten KOSTAL-Gruppe abgewendet und der Fortbestand als unabhängiges Familienunternehmen gewährleistet werden. Automobilzulieferer wie die KOSTAL Automobil Elektrik (KAE) stehen seit Jahren unter hohem Preis- und Wettbewerbsdruck. Diese Entwicklung hat sich zuletzt durch die Corona Pandemie und den Krieg in der Ukraine verschärft. Eine strikte Kostenkontrolle und der Stellenabbau der Jahre 2018/19 sowie mehrere Effizienzprogramme hätten bisher nicht ausgereicht, um die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Produktionsstandorte nachhaltig zu sichern. „In Deutschland werden wir uns zukünftig auf andere Aufgaben als die Produktion konzentrieren. Die Hauptaufgabe ist und bleibt, unser Automobilgeschäft aus Deutschland nachhaltig und profitabel zu steuern und weiterzuentwickeln“, erläutert Hansjörg Herrmann, Geschäftsführer der KAE und als Chief Operating Officer (COO) verantwortlich für die weltweite Produktion und das Europa-Geschäft. Die geplante Restrukturierung der folgenden zwei Jahre werde jetzt mit dem Betriebsrat im Detail beraten und Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter unverzüglich über die Ergebnisse dieser Beratungen informiert. Die Zeit der Unsicherheit für die Beschäftigten werden die Verhandlungsführer so kurz wie möglich halten und die unvermeidbaren Härten sozialverträglich abfedern. Die Geschäftsführung könne betriebsbedingte Kündigungen nicht ausschließen, werde sie aber wo immer möglich vermeiden. „In unseren deutschen Produktionswerken machen wir große Verluste. Das wissen auch unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Gemeinsam haben wir in den letzten Jahren alles versucht, um Schließungen und Verlagerungen zu vermeiden. Trotz aller Anstrengungen konnten wir mit den deutschen Produktionskosten kein nachhaltig profitables Geschäft erreichen,“ erläutert der Geschäftsführer die Hintergründe der geplanten Restrukturierung. Die anhaltende Transformation der Automobilbranche und die damit einhergehenden Änderungen in den Antriebstechnologien erforderten erhebliche Zukunftsinvestitionen, die dem Familienunternehmen zusätzlich große finanzielle Lasten auferlegen. Aus Verantwortung der gesamten KOSTAL-Gruppe gegenüber sei die geplante Schließung der Produktion in Deutschland daher „hart aber folgerichtig“. „Jedem von uns tut es leid, dass wir nicht alle unsere Beschäftigten bis zum Renteneintritt bei uns beschäftigen können. Das ist allerdings keine Frage mangelnder Loyalität, sondern eine der wirtschaftlichen Notwendigkeit. Die KAE Deutschland kann keine Sonderrolle einnehmen und unterliegt den gleichen Anforderungen an Nachhaltigkeit und Profitabilität wie unsere Standorte in anderen Ländern. Am Ende müssen wir diesen Schritt gehen, um die Arbeitsplätze von 18.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern weltweit aus unternehmerischer Verantwortung nachhaltig zu sichern. Wir wissen, dass diese Veränderungen harte Einschnitte bedeuten. Mit unseren Beschäftigten werden wir respektvoll umgehen und sie schnellstmöglich über geplante Veränderungen informieren. Sobald wir mit dem Betriebsrat einig sind, werden wir mit unseren Mitarbeitern das Gespräch suchen,“ verspricht Herrmann. Die geplante Restrukturierung betreffe hauptsächlich den Geschäftsbereich KOSTAL Automobil Elektrik (KAE) und deren Standorte Halver, Meinerzhagen und Lüdenscheid. Der geplante Stellenabbau beschränke sich allerdings nicht auf die Produktionsbereiche. Auch in der Verwaltung der KOSTAL-Gruppe würde ein Stellenabbau beziehungsweise eine Verlagerung an das neu gegründete

KOSTAL Business Service Center in Ungarn (Budapest) geplant. Die KAE Entwicklungsabteilungen und die anderen Geschäftsbereiche des Unternehmens seien von den Schließungen der Werke nicht betroffen.

Über KOSTAL Automobil Elektrik

  • Gründungsjahr: 1912
  • Umsatz: 2,4 Mrd. Euro Umsatz in 2021
  • Mitarbeiter: 15.800 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter weltweit
  • Forschung: Anteil F&E Investitionen am Umsatz kontinuierlich > 6%
  • Standorte: 35 Standorte weltweit